Sorglosigkeit - In Zeiten von Corona?
Jesus sagte zu seinen Jüngern:
"Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet.
Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht die Vögel unter dem Himmel an:
Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen;
und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.
Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?
Wer ist aber unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum
sorgt?" (Matthäus 6,25f)
„Sorgt nicht“, denn Gott selbst sorgt für euch...
Ist das nicht naiv und sogar gefährlich - besonders in Zeiten einer Virus-Infektionswelle, die viele gut überstehen, viele aber nicht, die kaum medizinisch therapiert werden kann und gegen die schleppend geimpft wird?
„Sorgt nicht!“… Aber: Nicht zu sorgen und alle Sorge auf Gott zu werfen, das setzt ja voraus, dass wir versorgt sind, dass wir uns keine ernsthaften Sorgen machen brauchen.
Denn für die, die Sorgen haben, gerade jetzt auch diffuse Sorgen und Ängste vor einem so undurchschaubaren „Angreifer“ auf unsere Gesundheit und unser Leben, wäre das ja ein Hohn, wenn einer im Gespräch sagen würde: "Ach, Kopf hoch, ist alles nicht so schlimm, wird alles wieder werden" - das hilft keinem, der Sorgen und Ängste empfindet.Das würde nur vertrösten. Aber das wäre trostlos.
Wir alle leben doch jeden Tag damit, uns zu sorgen, dass wir uns um alles Mögliche und Unmögliche kümmern: Essen und Trinken, schlafen und arbeiten - ganz schwer haben es jetzt alle in helfenden Berufen und alle Hilfsbedürftigen, alle, die um ihre Existenz bangen müssen oder in Kurzarbeit sind. Und wehe dem, der keine Arbeit hat - viele müssen befürchten, dass die Sorgen kein Ende nehmen. Sorge um die Gesundheit steht da gar nicht an erster Stelle. Die allgemeine Verunsicherung ist groß!
Obwohl es ja ein Unterschied ist, ob ich mich um etwas oder um jemand kümmere und bemühe - oder in permanenter, ja: panischer Sorge bin, innerlich oder äußerlich so beschäftigt bin, dass ich kaum noch atmen kann, keine Luft zum Leben mehr kriege. Um vieles sollen und müssen wir uns doch sorgen und kümmern.
Denn wo kämen wir da hin, wenn wir keine Vorsorge für die Zukunft treffen würden? Schließlich sind wir Menschen ja nun gerade keine Vögel am Himmel oder Blumen auf dem Feld, die einfach da sind und in den Tag hineinleben können.
Es kennzeichnet ja den Menschen, dass er sich seines Daseins bewusst ist, dass er der Zeit und der Zukunft bewusst ist - und auch der Gefährdungen im Leben und darum voraus denken, also „vorsorgen“ muss. Alles andere wäre geradezu verantwortungslos.
Erwartet Jesus denn wirklich, dass wir leben wie die Hippies, die sprichwörtlichen „Blumenkinder“? Lilienkinder? Nein, so will er es nicht verstanden wissen, Jesus ruft nicht zu einer frommen Weltflucht auf. Aber wir brauchen uns eben nicht so zu sorgen, als ob es ohne uns nicht ginge. Wir sollen nicht in Sorge mit geducktem Kopf durchs Leben gehen, als ob allein wir die Macher und Herren unserer Welt, unserer Zeit, unseres Lebens wären.
Wer in eine Krise kommt, der spürt das am eigenen Leib, wie quälend und zermürbend Sorgen und Fragen sein können wie diese:
Was bin ich wert, wenn ich eben keine Arbeit mehr habe, die mich ernährt? Was bin ich wert, wenn mir meine mühsam aufgepäppelte Gesundheit zwischen den Fingern zerrinnt? Was bin ich wert, wenn ich mich nicht mehr frei bewegen kann und die direkten Kontakte nicht mehr pflegen kann? Wenn ich kein Smartphone, kein Notebook, schon gar kein I-Phone oder I-Book und kein Netflix habe? Was bin ich wert? Was bist du, Mensch, wert? Was bist du, Mensch, überhaupt?
Wozu bist du da, was soll das ganze, dein Leben, dein Arbeiten, Sorgen, dein Lieben, dein Hoffen, deine Enttäuschungen und Niederlagen? Wozu bist du da, Mensch?
Von Erde sind wir genommen, zur Erde werden wir wieder werden.
Das ist das erste, was über uns Menschen zu sagen ist: Unter den Bedingungen der Erde, dieser Erde, keiner anderen, haben wir zu leben. Mit Krankheiten und Tod und vielen Nöten. Mit Freiheiten, die aus Sorge um besonders gefährdete Mitmenschen auch eine längere zeitlang stark beschnitten werden können.
Wir sind ein Teil der Natur, der Kreatur, mit ihr verschwistert. Begrenzt und befristet sind wir hier Gäste und Mitbewohner aller anderen Geschöpfe. Aber diese Einsicht soll nicht Angst machen oder wieder neue Sorgen - sondern das soll uns auf unser richtiges Maß zurückholen:
Nicht wir sind die Herren unsres Lebens, nicht wir sind die Macher der Welt. Nicht wir sind die, an deren Wesen die Welt genesen soll. Wir sind ein Teil dieser Erde - und doch von Gott mit besonderer Würde und mit besonderem Auftrag ausgestattet: Mit Verantwortung.
Was du brauchst, was dir zum Leben hilft, was du bist, wozu du geschaffen bist, das ist etwas sehr Fundamentales, etwas sehr Schlichtes: Du musst das Leben nicht erzwingen, du bekommst es geschenkt.
Du darfst es Gott nachmachen: Er hat das Leben gewollt, hat sich den Menschen zum Gegenüber geschaffen und eine Beziehung zu allen Dingen und Lebewesen aufgebaut. Das sollst du nachmachen, dazu bist du bestimmt:
Beziehungen aufnehmen und Begegnungen pflegen. Verantwortung für andere übernehmen, die solche Fürsorge brauchen. Dich um andere kümmern, um deine Mitkreatur sorgen, wie Gott sich kümmert und sorgt. In allem sollst du wissen: Nicht du trägst die Welt, die Welt trägt dich.
Nicht du bist die Mitte und das Ziel der Welt, die Mitte und das Ziel ist Gott, wie am Anfang. Wie hätte Gott sonst noch eine Chance, etwas Überraschendes, Unerwartetes zu tun? Und wessen Hände soll Gott nutzen, wenn einer sie in den Schoß legt...
Jesus setzt dagegen: Lernt, zu empfangen. Seht euch in eurer natürlichen Größe. Stellt euch in die Gemeinschaft mit Gott und dem Menschen, die euch trägt – und die ihr tragt. Seht auf die, die euch brauchen, und ihr könnt frei werden von eurer Verkrampfung und Verkrümmung in euch selbst. Seht auf Gott, und ihr werdet entdecken, wo ihr sinnvoll gebraucht werdet, wo ihr euch einsetzen könnt – im Vertrauen darauf, dass Gott Euch stützt und stärkt und trägt.
Sorgt nicht, denn Gott sorgt für euch. Sorgt euch aber um seine Sachen, um seine Menschen, um seinen Willen: Und eure eigenen Sorgen werden sich in Hoffnung wandeln. Tue also alles, was du kannst und vertraue fest, dass dann Gott tut, was du nicht kannst - wie mal einer gesagt hat - aus Liebe zum Leben.
Herzliche Grüße von Pastor Lungfiel
Gebet in Zeiten einer Pandemie
Mögen die, deren Alltag nun Einschränkungen unterliegt,
sich an die erinnern, deren Leben bedroht ist.
Mögen die, die zu keiner Risikogruppe gehören,
sich an die erinnern, die am stärksten verwundbar sind.
Mögen die, die den Vorteil von Heimarbeit haben,
sich an die erinnern, die sich Kranksein nicht leisten können und zur Arbeit
müssen, um ihre Miete zu bezahlen.
Mögen die, die eine flexible Kinderbetreuung haben, wenn Schulen und Kitas
geschlossen sind,
sich an die erinnern, die diese Möglichkeit nicht haben.
Mögen die, die Reisen absagen müssen,
sich an die erinnern, die keinen sicheren Zufluchtsort haben,
Mögen die, die etwas zurückgelegtes Geld in den Turbulenzen des
Börsenmarktes verlieren,
sich an die erinneren, die gar keine Rücklagen haben.
Mögen die, die zu Hause in Quarantäne bleiben müssen,
sich an die erinnern, die kein Zuhause haben.
Während Furcht sich unseres Landes bemächtigt,
lass uns auf Liebe setzen.
Wenn wir uns körperlich nicht in den Arm nehmen können,
lass uns andere Wege finden, wie wir an unsere Nächsten weitergeben, dass
du, Gott, uns umarmst.
Amen.
von Cameron Wiggins Bellm aus einer amerikanischen Kirche, ins Deutsche übersetzt von Heidi Campbell
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