Der Ring
„Verlobungs-/Ehering gefunden. Bitte melden bei….“ – so steht es auf einem Zettel, der im Moment gerade in mehrfacher Ausfertigung an der Außenmühle hängt. Da hat jemand offenbar einen verloren gegangenen Ring gefunden, hat sich zu Hause hingesetzt und zehn DinA-4 Blätter beschrieben, hat sie sorgfältig in Klarsichthüllen verpackt, um sie vor Tau und Regen zu schützen, und hat sie dann an verschiedene Bäume rund um den großen Platz oben am Hölscherweg geheftet. Was für eine freundliche und liebevolle Geste, sich so um die Belange eines anderen zu sorgen! Der Finder hat Zeit und Mühe investiert, wahrscheinlich weil er sich vorstellen konnte, wie traurig der Besitzer des Ringes durch den Verlust ist. Er hat sich eingefühlt in einen anderen Menschen und hat in sich selbst das Bedürfnis gespürt, ihm zu helfen.
Ich muss an die Geschichten vom Verlorenen denken, die Jesus erzählt hat: das Gleichnis vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Münze und vom verlorenen Sohn. In ihnen allen geht es darum, dass Gott uns Menschen sucht, weil wir ihm wichtig und kostbar sind: wie ein Schaf für seinen Hirten, wie ein Sohn für seinen Vater, wie eine Münze für eine arme Frau - oder eben auch wie ein Ehering für seinen Träger. Auch wenn wir uns in dieser verrückten Welt manchmal ganz verloren fühlen – Gott vergisst uns nicht. Er sucht nach uns, bis er uns findet. Und wenn er dabei solche Mitarbeiter hat wie den Ring-Finder an der Außenmühle, dann können wir voll Vertrauen sein, dass wir in dieser Welt nicht verloren gehen.
Ihre/Eure Sabine Ramm-Böhme
© Sabine Ramm-Böhme
Dieser Text ist Teil der Reihe „Seelenfutter“: Die geistlichen Gedanken in stürmischen Zeiten der Pastoren der Paul-Gerhardt-Gemeinde.
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