Text: Mundschutz
Nun ist er in aller Munde – und bald auch an aller Munde – der Mundschutz.
Ein Mundschutz, wie ich ihn mir wünsche, müsste so beschaffen sein:
Er müsste nicht nur schädliche Viren, sondern auch schädliche Worte aus der abgegebenen Luft herausfiltern. Der Stoff müsste so engmaschig sein, dass auch kleine Gehässigkeiten drin hängen bleiben.
Große Bosheiten sowieso, aber auch kleine Unfreundlichkeiten und Sticheleien, Klatsch und Tratsch, überflüssiges Gerede – alles würde in den Maschen hängen bleiben. Gehässige, aber auch leere, überflüssige Worte würden also im Mundschutz bleiben, würden keinen Schaden anrichten und man könnte sie dann später bei 60 Grad mit rauswaschen.
Nur gute Worte würden durch die Maschen hindurchfinden. Solche, wie wir sie zur Zeit besonders brauchen. Denn viele sind in Sorge um ihre Gesundheit. Andere vor allem um ihre berufliche Zukunft. Und noch andere sind einfach nur allein. Da kann ein gutes, aufbauendes Wort Gold wert sein.
Mein Mundschutz würde die Sprache filtern, würde sie von allen Dummheiten und sonstigem Unrat befreien und den guten Worten wieder Gehör verschaffen.
Besonders ein Wort würde in seiner ganzen Schönheit erklingen und würde seine aufrichtende Kraft entfalten:
„Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass Ihr Jesus, den Gekreuzigten sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden“.
Es war ein Engel, der diese Worte zuerst gesprochen hat – zu den Frauen am Grab Jesu. Da ist aus Karfreitag Ostern geworden und aus ihrer Trauer Freude. Mit Hilfe meines Mundschutzes würde das Wort des Engels heute viel Raum bekommen. Es könnte sich entfalten und würde den Weg in viele offene Ohren und verzagte Herzen finden. Was Politiker zur Zeit immer wieder prophezeien - dass nach der Krise nichts mehr so sein werde wie davor - genau das würde eintreten. Und das wäre dann sogar gut so.
Ihr/ Euer
Ralf Böhme
© Ralf Böhme
Dieser Text ist Teil der Reihe „Seelenfutter“: Die geistlichen Gedanken in stürmischen Zeiten der Pastoren der Paul-Gerhardt-Gemeinde.
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